DMM Der Mobilitätsmanager

44 Der Mobilitätsmanager 11/12.2023 1 „Es gab keinen Anlass zur Beanstandung.“ Wenn es nichts zu meckern gibt, ist das doch super, oder? Oder...? Leider nein. Mit der Formulierung „Es gab keinen Anlass zur Beanstandung“ heben Personaler hervor, dass es nichts hervorzuheben gibt. Was wirklich zwischen den Zeilen steht: Die Leistung war okay. Aber keineswegs lobenswert. 2 „Sie pflegte ein tadelloses Verhalten gegenüber Kollegen, Kunden und Vorgesetzten.“ Klingt doch gut, oder? Schließlich sind hier alle Personen aufgeführt, mit denen man im Berufsleben ein gutes Verhältnis pflegen sollte. Leider ist auch das einer der besagten Geheimcodes! Denn hier ist die Reihenfolge der Formulierung entscheidend. Vorgesetzte werden in diesem Fall zuletzt genannt, sollten aber eigentlich an erster Stelle stehen. Dass sie das nicht tun, deutet an, dass die Arbeitnehmerin ein Problem mit Autorität hatte. 3 „Herrn Mustermann wurden folgende Aufgaben übertragen…“ Man mag jetzt vielleicht denken, dass diese Formulierung nur eine Hinleitung zum wirklich wichtigen Teil ist: die Listung der Aufgaben. Das ist aber leider nicht ganz richtig. Denn bereits in diesen wenigen Worten verbirgt sich eine Arbeitsbeurteilung. Personaler lesen hier: Diesem Arbeitnehmer mangelt es an Eigeninitiative. Denn die passive Formulierung lässt darauf schließen, dass Herr Mustermann sich die Arbeit leider nicht aktiv gesucht und erledigt hat. Sondern, dass sie ihm alle erst aktiv aufgetragen werden mussten. Ähnlich verhält es sich mit: „Er erledigte seine Aufgaben pflichtbewusst und ordnungsgemäß.“ Was es aber eigentlich ausdrücken soll, ist: „Hier hat jemand nur das Nötigste gemacht und sich nicht durch besondere Leistungen hervorgetan.“ 4 „Sie bestellte Büromaterial mit größter Sorgfalt.“ Hier gilt: Je mehr unwichtige oder selbstverständliche Tätigkeiten im Zeugnis aufgelistet werden, desto schlechter fällt die Beurteilung des eigentlichen Jobs aus. Auch wenn man sich für nichts zu schade war und überall mit angepackt hat, sollten im Arbeitszeugnis keine Aufgaben landen, für die man offensichtlich überqualifiziert und überbezahlt ist. Schon gar nicht an erster Stelle. Prüfe Sie also stets, was Priorität haben sollte. 5 „Er war ein geschätzter Gesprächspartner.“ Aber leider nicht nur fürs Geschäftliche: Diese Beurteilung lässt durchblicken, dass hier jemand gern und viele Privatgespräche geführt hat und damit nicht nur die eigene Arbeitszeit, sondern auch die der Kollegen verquatscht hat. 6 „Sie war ihren Mitarbeitern jederzeit eine verständnisvolle Vorgesetzte.“ Verständnis – Das ist doch heutzutage eine wertvolle Führungsqualität, oder? Leider nein. In der Zeugnissprache versteht man unter verständnisvoll: nicht durchsetzungsfähig und keine Autorität. Ob das noch zeitgemäß ist, sei mal dahingestellt. 7 „Wir wünschen ihm weiterhin Glück.“ Ach, Glückwünsche nimmt man doch gern entgegen ... Doch hier fehlt leider so einiges, bis die Abschlussformel auch beim potenziellen neuen Arbeitgeber für Glücksgefühle sorgt. Statt „Glück“ wünscht ein zufriedener Arbeitgeber „sowohl beruflich als auch privat“, „weiterhin viel Erfolg“ und „alles Gute“. Finden sich am Ende des Arbeitszeugnisses überhaupt keine Wünsche für die Zukunft? Dann sind Unternehmen und Sie offensichtlich nicht im Guten auseinandergegangen. Und noch eine schlechte Nachricht: Als Arbeitnehmer·hat man laut aktueller Rechtsprechung auf eine persönliche Schlussklausel leider kein Anrecht. Die Abschlussformel im Arbeitszeugnis sollte vier Elemente enthalten: • Grund des Ausscheidens • Dank • Bedauern • Wünsche für die Zukunft Erst mit allen vier Elementen gilt die Schlussformel als vollständig. Zum Abschluss hier noch ein Beispiel für ein Happy End im Arbeitszeugnis: „Herr Mustermann verlässt das Unternehmen auf eigenen Wunsch. Wir bedauern sehr, ihn zu verlieren, und bedanken uns für seine stets vorbildliche Leistung. Sowohl beruflich als auch privat wünschen wir ihm weiterhin viel Erfolg und alles Gute.“ Geheimcode mit negativer Bewertung entdeckt? So wehrt man sich dagegen. Dass man als ArbeitnehmerIn ein Anrecht auf ein „gutes“ Zeugnis hat, ist ein weitverbreiteter Irrtum. Das qualifizierte Arbeitszeugnis, das etwas über die Leistungen aussagen soll und nur auf Anforderung der Arbeitnehmenden erstellt wird, muss laut Bundesarbeitsgericht lediglich von „verständigem Wohlwollen“ geprägt sein. Das bietet für Arbeitgeber jedoch sehr viel Raum zur sprachlichen VerText RED Fotos Freepik/user4894991 Online-Info www. zeugnisprofi.com I nexria.ch Recht • Steuer • Versicherung • Arbeitszeugnis GEHEIMCODES IM ARBEITSZEUGNIS Das Arbeitszeugnis klingt gut? Naja, kann sein oder auch nicht. Für Arbeitszeugnisse gibt es eine „Geheimsprache“. Floskeln, die zwar positiv klingen, eigentlich aber für Personaler ein Code sind, um negative Verhaltensweisen am Arbeitsplatz zu beschreiben. Damit Sie wissen, hinter welcher der harmlos klingenden Aussagen sich Kritik verbirgt, verraten wir Ihnen sieben Formulierungen, bei denen Sie genauer hinschauen sollten.

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