29 www.dmm.travel 28 Der Mobilitätsmanager 01/02.2024 „2024 begann gleich mit zwei bösen Zwischenfällen: Am 02. Januar brannte ein A350 in Tokyo nach einer Kollission aus, am 05. Januar flog ein „Plug“ einer neuen B737 MAX 9 in 5.000 m Höhe aus der Kabine.“ Gernot Zielonka I CEO zic Luftfahrt Online-Info badl.aero Geschäftsreise • Luftfahrt Text RED Fotos X I Unsplash/Miguel Angel Sanz Alle 379 Menschen an Bord des JAL-A350 in Tokyo-Haneda wurden gerettet. ten oder mit einem Flugzeug in Berührung kommen, müssen sich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung unterziehen. Sicherheitsrelevante Themen haben bereits in der Ausbildung des Luftfahrt-Personals einen hohen Stellenwert. So müssen bspw. Piloten ihre Lizenzen durch Flugstunden und Simulatorentrainings erhalten, Fluglosten ebenfalls ihre Lizenzen erneuern. Die medizinische Tauglichkeit des fliegenden Personals wird regelmäßig überprüft. Auch sind die Flugdienst- und Ruhezeiten insb. hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen behördlich festgelegt. Wie wird Sicherheit überwacht? Luftverkehr findet vor allem grenzüberschreitend statt, deswegen sind auch die Sicherheitsregeln für Airlines und Flughäfen international abgestimmt. Hierfür ist die ICAO verantwortlich. Sie entwickelt verbindliche Standards und Empfehlungen („SARPS“) für eine sichere und effiziente Organisation des Luftverkehrs. Die europäische Luftsicherheitsbehörde LBA sowie die Luftsicherheitsbehörden der Länder überwachen dann mit „Audits“ die Einhaltung dieser Regeln. Für alle am Flugbetrieb beteiligten Unternehmen ist ein Safety Management System (SMS) vorgeschrieben. Das Sicherheitsmanagement, das im jeweiligen Einzelfall von den Behörden genehmigt werden muss, lenkt und koordiniert alle Sicherheitsaktivitäten des jeweiligen Unternehmens. Dazu zählt auch ein kontinuierliches Risikomanagement. Sicherung der Airportinfrastruktur. Flughäfen stellen sicher, dass sicherheitsrelevante Bereiche wie bspw. das Vorfeld vor unbefugtem Zugang gesichert sind. Hierzu sind sie gemäß ihrer Eigensicherungspflichten verpflichtet. Diese Prozesse werden gemeinsam mit den Behörden entwickelt und überwacht. Um die Sicherheit des Luftverkehrs zu gewährleisten, sind zusätzlich Alarmketten etabliert, die die Polizei, den Flughafenbetreiber und die Flugsicherung sofort bei unbefugtem Eindringen alarmieren. Dass dies nicht immer funktioniert, zeigte sich an am BER, am DUS und HAM, als Unbefugte trotz aller Sicherungsmaßnahmen auf die Vorfelder bzw. Landepisten gelangten und den Flugbetrieb beeinträchtigten. Aber im Allgemeinen wird sichergestellt, dass niemand zu Schaden kommt und eingedrungene Personen schnell und sicher festgesetzt werden können. Diese Mechanismen werden ständig geprüft und angepasst. Passagier- und Gepäckkontrollen. Alle Personen sowie Waren müssen vor dem Zugang in den Sicherheitsbereich des Flughafens eine Sicherheitskontrolle passieren. Dabei wird auf Sprengstoff und andere gefährliche Gegenstände hin überprüft. Bei diesen Kontrollen handelt es sich um Sicherheitsmaßnahmen, die bundeseinheitlich durchgeführt werden müssen. Ebenfalls einheitliche Vorgaben gibt es bei den Anforderungen an das Kontrollpersonal und die Sicherheitstechnik, um identische Sicherheitsstandards zu schaffen. Auch das Aufgabegepäck wird kontrolliert, bevor es in das Flugzeug eingeladen werden kann. Sicherheit im Luftraum. Fluglotsen überwachen alle Flüge vom Start bis zur Landung und sorgen auf der gesamten Flugstrecke dafür, dass die Maschinen immer ausreichend Sicherheitsabstand zueinander haben. Die Piloten navigieren nach ihren Anzeigen im Cockpit und richten sich nach den Anweisungen der Fluglotsen. Alle sicherheitsrelevanten Systeme der Flugsicherung sind mehrfach redundant ausgelegt. Flugunfalluntersuchung. In der Luftfahrt wird jedes Unglück, jeder Beinahe-Unfall und jede Unregelmäßigkeit gemeldet und genauestens untersucht. Wenn die Ursachen ermittelt sind, werden die geeigneten Schlüsse daraus gezogen. Diese effektive Fehlerkultur trägt dazu bei, die Sicherheit im Luftverkehr stetig zu verbessern. Insbesondere auch dadurch konnte das hohe Sicherheitsniveau erreicht werden. Neue Herausforderungen. Zur Sicherheitskultur im Luftverkehr gehört es auch, neue Herausforderungen ständig im Blick zu haben. Dazu zählt bspw. unbemanntes Fliegen. Hierfür wurden in den vergangenen Jahren Regeln aufgestellt, um die neue Technologie sicher in den Luftraum zu integrieren und klar zu regeln, dass Drohnen oder Flugtaxis den Flugbetrieb nicht stören oder gefährden. Eine weitere Herausforderung besteht in der zunehmenden Digitalisierung. Deswegen werden die IT-Systeme und Daten von Flughäfen, Airlines und der Flugsicherung vor möglichen Cyberangriffen geschützt. Experten aus Behörden und der Luftverkehrswirtschaft entwickeln dafür zielgenaue und angemessene Lösungen. ••• 2023 war eines der sichersten Jahre in der Geschichte der kommerziellen Zivilluftfahrt: Weltweit ereigneten sich nach Angaben der unabhängigen Analysten des Aviation Safety Network nur drei Unglücke mit Flugzeugen im zivilen Einsatz, bei denen insgesamt 80 Menschen ihr Leben verloren – 72 Fluggäste und acht Crewmitglieder. 2024 war der Januar gleich ein rabenschwarzer Monat. Ein JALA350 kollidierte bei der Landung in Haneda mt einem Kostenwachenflugzeug und brannte aus. Wie durch ein Wunder wurden alle 379 Menschen an Bord gerettet. Am 05. Januar wurde bei einer B 737 MAX 9 der Alaska Airlines ein Plug (Ersatzplatte für eine Tür) mitten im Flug aus dem Rumpf gerissen. Auch hier hatten die Passagiere viel Glück. In Deutschland und in der EU gab es 2023 keine Flugzeugunglücke. Nicht eingeflossen in diese Bilanz sind Zwischenfälle mit Militärmaschinen oder kleineren Flugzeugen mit weniger als 14 Passagiersitzen an Bord. Das schlimmste Unglück war am 15.01.2023. Eine ATR 72-500 der Yeti Airlines stürzte auf einem Inlandsflug beim Landeanflug auf den Pokhara International Airport in Nepal in eine Schlucht. Alle 72 Insassen kamen ums Leben. Laut Abschlussbericht zur Absturzursache hatten die Piloten versehentlich die Triebwerke abgeschaltet. Tiefstwert. 2017 erreichte die Zahl der Verunfallten einen Tiefstwert. In den Folgejahren stueg sie zwar an, doch im langfristigen Vergleich zeigt sich: Die Zahl der Verunglückten sinkt tendenziell weiter. Laut Prognose der UN-Luftfahrtorganisation ICAO beförderten Fluggesellschaften 2023 rund 4,6 Mrd. Passagiere und damit mehr als 14 Mal so viele Fluggäste wie 1970. Die statistische Wahrscheinlichkeit, durch einen Absturz ums Leben zu kommen, lag in den 1970er-Jahren im Durchschnitt bei 1 : 264.000, im vergangenen Jahr lag diese bei 1 : 57.750.000. Fliegen war 2023 also 218 Mal sicherer als in den 1970ern. Sicherheit hat höchste Priorität. Das gilt sowohl für die Sicherheit im Betrieb von Flugzeugen und bei den Abläufen am Flughafen (Safety) als auch für die Abwehr von äußeren Angriffen (Security). Daher sind alle Prozesse im Luftverkehr auf Sicherheit ausgerichtet. Im Folgenden werden die wichtigsten Maßnahmen von der Herstellung der Flugzeuge, über deren Betrieb bis hin zur Flugunfalluntersuchung erläutert. Produktion von Flugzeugen. Sicherheitsrelevante Systeme im Flugzeug sind i.d.R. mindestens doppelt vorhanden. Von den Herstellern werden Wartungs- und Instandhaltungsvorschriften für ein Flugzeug erarbeitet, die dann bei den Behörden einen Prüf- und Genehmigungsprozess durchlaufen. Dies war z.B. im Fall der neuen Boeing 737 MAX nicht der Fall, weshalb es infolge Schlampereien und Vertuschungsmanövern zu zwei fatalen Abstürzen zweier nagelneuer B737 MAX der Lion Air und der Ethiopian Air gekommen war (DMM berichtete). Aber i.d.R. werden Flugzeuge in festgelegten Intervallen diversen Wartungen unterzogen. Zudem gibt es fortlaufend Verbesserungen bei der Flugzeugtechnik, durch die Luftfahrzeuge weniger anfällig gegenüber Störungen gemacht werden. Personal. An das Personal im Luftverkehr wird ein hoher Maßstab in puncto Zuverlässigkeit und Sicherheit angelegt. Sämtliche Personen, die auf dem Vorfeld eines Flughafens oder an den Sicherheitskontrollen arbei2023 WAR EIN SICHERES LUFTFAHRTJAHR Die Luftfahrt hat einen extrem hohen Sicherheitsstandard. Die Zahl der tödlich Verunglückten in der zivilen Luftfahrt ist langfristig stetig rückläufig, obwohl die Zahl der Passagiere gleichzeitig steigt. Seit jeher ist in der Luftfahrt der Grundsatz verankert, dass Sicherheit absolute Priorität hat – auch weil immer wieder Prozesse angepasst und weiterentwickelt werden. 218 Mal sicherer war Fliegen im Jahr 2023 im Vergleich zu den 1970ern.
RkJQdWJsaXNoZXIy NDM3MTE=