45 www.dmm.travel 44 Der Mobilitätsmanager 01/02.2024 Mit der am 21.09.2023 veröffentlichten Entscheidung hat das Oberlandesgericht Frankfurt/M. den Töchtern (DB Vertrieb GmbH, DB Fernverkehr AG und DB Regio AG) der Deutschen Bahn wegen Irreführung das Anbieten dieser Suchoption untersagt. Die Beklagte hatte während des Eilverfahrens ein Informationssternchen an die Suchfunktion angebracht, in der die Vorgehensweise des Algorithmus erläutert wird. Die Antragstellerin bietet Transportleistungen im Schienenpersonennahverkehr an. Sie wendet sich gegen die Gestaltung und Funktionsweise der Suchoption „Schnellste Verbindungen anzeigen“ auf der von der Antragsgegnerin betriebenen Fahrplaninformations- und Reiseauskunftsmedien www.bahn.de und in der App DB Navigator. Die Antragsgegnerin stellte dort den Verbrauchern eine Suchmaske zur Verfügung, die insbesondere die Eingabe von Start und Ziel, Datum sowie der Abfahrts- oder Ankunftszeit erlaubt. Standardmäßig voreingestellt war die Suchaktion „Schnellste Verbindung anzeigen“. Als Ergebnis werden i.d.R. drei Verbindungen angezeigt. Der zu Grunde liegende Algorithmus ermittelte im Fall der Eingabe einer Abfahrtszeit dabei zunächst von der gewählten Abfahrtszeit aus die absolut schnellste Verbindung. Anschließend wurde die danach abfahrende zweitschnellte Verbindung angezeigt. Ausgehend von der schnellsten Verbindung fand eine zeitliche Vorwärtssuche statt. Eine zweitschnellste Verbindung, deren Abfahrtszeit vor der der absolut schnellsten Verbindung liegt, wurde damit nicht angezeigt, auch wenn sie schneller als die nach der absolut schnellsten Verbindung abfahrende zweitschnellste Verbindung war. Das Landgericht hatte den Unterlassungsantrag zurückgewiesen. Daraaufhinhatte die Beschwerde der Antragstellerin vor dem OLG Erfolg. Die Ausgestaltung der Verbindungsauskunft sei irreführend und damit unlauter, begründete das OLG seine Entscheidung. „Verbraucher werden (...) davon ausgehen, dass es sich bei den angezeigten Verbindungen, wie beworben, um die (...) schnellsten Verbindungen zu ihrer Suchanfrage handelt, auch weil das primäre Ziel des Verkehrs bei einer Verbindungsabfrage ist, möglichst schnell von A nach B zu kommen“, führt das OLG näher aus. Das erweckte Verständnis stimme jedoch nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen überein, so dass die Suchfunktion irreführend sei. Zwar werde zunächst die absolut schnellste Verbindung angezeigt. Ausgehend von dieser springe das Programm dann aber entweder vorwärts (Abfahrtssuche) oder rückwärts (Ankunftssuche) zu den nächsten absolut schnellsten Verbindungen. Die in der Ergebnisliste an zweiter und fortlaufender Stelle angezeigten Verbindungen seien damit nicht die nächstschnelleren im Hinblick auf die objektive Gesamtfahrdauer, sondern die nächstschnelleren nach der schnellsten Verbindung. Im Fall einer einstündigen schnellsten Verbindung könne dies dazu führen, dass eine Minute davorliegende Verbindung mit einer Dauer von 1:01 Stunden gar nicht, die eine Minute nach der schnellsten Verbindung abfahrende Verbindung mit einer Dauer von 2:00 Stunden dagegen als zweitschnellste ausgewiesen werde. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar. ••• Oberlandesgericht Frankfurt/M. I Beschluss vom 21.9.2023 I Az. 6 W 61/23 I (vorausgehend Landgericht Frankfurt(M., Beschluss vom 30.05.2023, Az. 2-06 O 216/23) Text GZ Foto DB/Wirestock Online-Info bahn.de I https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de Recht • Steuer • Versicherung • DB Navigator VON WEGEN „SCHNELLSTE VERBINDUNG“ Die Parteien stritten um die bei der über www.bahn.de und die DB Navigator App voreingestellte Suchfunktion „Schnellste Verbindung anzeigen“. Der dahinterliegende Algorithmus springt bei der Ergebnisanzeige von der absolut schnellsten Verbindung jeweils vorwärts (bei Eingabe der Abfahrtszeit) oder rückwärts (bei Eingabe der Ankunftszeit) zu den jeweils zeitlich folgenden zweitschnellsten Verbindungen. Nicht angezeigt werden kürzere Verbindungen, deren Abfahrts- bzw. Ankunftszeit vor der jeweiligen Uhrzeit der absolut schnellsten Verbindung liegt. Wie bereits bekannt ist, soll der DB Navigator durch den App-Nachfolger „Next DB Navigator“ abgelöst werden. Dieser ist bereits im App-Store erhältlich und die neuen Funktionen und Verbesserungen können von Bahnkunden vorab ausprobiert und genutzt werden. Laut der Deutschen Bahn soll das alte System voraussichtlich im ersten Quartal 2024 vom Markt genommen werden. Die neue App ist nicht nur zeitgemäßer gestaltet, sondern soll laut ihren Entwicklern auch einfacher und intuitiver zu bedienen sein. Vorteile: Nachteil: • Moderneres Design • vorhandene Tickets aus dem • Mehr neue Features DB Navigator sind nicht kompatibel. • Dark Mode. Im direkten Vergleich mit dem klassischen DB Navigator punktet die DB Next-Variante mit einem vollständig überarbeiteten Design und Benutzeroberfläche. Damit bietet die App einen schnelleren Zugriff auf das eigene Profil, wichtige Informationen und Fahrplanänderungen sowie gebuchte Tickets. Auch Fans eines abgedunkelten Dark Modes werden in der App fündig. ••• DB Navigator: 2024 erscheint Nachfolger-App Winterdienstpflicht an Haltestellen Reibungsloser Bahnverkehr ist nur durch das Zusammenwirken von Eisenbahnverkehrsunternehmen und Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu erreichen. Schienennetzbetreiber sind bezüglich der Haltestellen in ihrem Netz verkehrssicherungspflichtig. Die Haftung für die Verletzung von Auswahl- und Überwachungspflichten gemäß § 823 BGB bei der Delegation von Verkehrssicherungspflichten ist unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 831 BGB vorliegen. Werden Räum- und Streupflichten delegiert, ist mit Rücksicht auf die durch Eis- und Schneeglätte drohenden Gefahren für Leben und Gesundheit an das Maß der bei der Überwachung anzuwendenden Sorgfalt grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. In Grenzen kann der ursprünglich Verpflichtete jedoch darauf vertrauen, dass der (nunmehr) Verpflichtete der Pflicht auch nachkommt, solange nicht konkrete Anhaltspunkte hervortreten, die dieses Vertrauen erschüttern müssen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die primäre Zuständigkeit für einen Gefahrenbereich auf ein Fachunternehmen übergeht; der Beaufsichtigung eines Fachunternehmens sind durch das Erfordernis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit sowie durch dessen Selbstständigkeit und Weisungsunabhängigkeit Grenzen gesetzt. Hiervon kann im vorliegenden Fall in Bezug auf die Beklagte zu 2 ausgegangen werden. Denn die Organisation eines Winterdienstes ist typischerweise Teil der Tätigkeit einer Gesellschaft, deren Geschäftszweck - wie es der Betrieb eines Bahnhofs voraussetzt - die Verwaltung und Betreuung einer Liegenschaft umfasst. Soweit - wie bei Unfallverhütungsvorschriften - ein Anscheinsbeweis hinsichtlich der Kausalität für solche Schäden, die vom Schutzzweck umfasst sind, generell für Verkehrssicherungspflichten diskutiert wird, ist ein solcher jedenfalls nicht für die „sekundäre“ Pflicht zu bejahen, die Durchführung zulässigerweise übertragener Pflichten zu überwachen. OLG Nürnberg I 15.07.2020 I Az: 2 U 3776/19 Rechtzeitig am Check-in-Schalter erscheinen Fluggäste können weder die Zahlung einer EU-Ausgleichsleistung noch Schadensersatz wegen der Kosten des Ersatzfluges verlangen, wenn nicht nachgewiesen werden kann, die Passagiere rechtzeitig am Check-inSchalter erschienen sind. Denn diese tragen die Beweislast dafür, dass sie rechtzeitig am Check-in-Schalter zur Abfertigung eingetroffen sind. Für die herrschende Meinung spricht, dass das rechtzeitige Erscheinen des Fluggastes zur Abfertigung eine Mitwirkungshandlung ist, die von diesem zu erfüllen ist. Pflichtwidrig ist die Nichtbeförderung eines Fluggastes nur dann, wenn er die Mitwirkungspflicht erfüllt. Als Anspruchsteller ist der Fluggast verpflichtet, im Streitfall die Erfüllung der Mitwirkungspflicht und damit das pflichtwidrige Verhalten des Luftfahrtunternehmens zu beweisen. LG Frankfurt/M. I Urteil vom 17.04,2019 I Az.: 2-24O 110/18 Private Nutzung der Diensttankkarte Eine fristlose Kündigung kann die Folge sein, wenn ein Arbeitnehmer wiederholt den Sprit für seinen Privatwagen mit der Tankkarte bezahlt, die ihm vom Arbeitgeber für seinen Dienstwagen überlassen wurde. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es nicht. So hat es das Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschieden. Ein Vertriebsmitarbeiter mit Dienstwagen war verpflichtet, diesen bei Dienstreisen einzusetzen. Auch für private Fahrten durfte er ihn nutzen. Der Arbeitgeber trug nach der eigenen Richtlinie u.a. die laufenden Betriebskosten. Zum Betanken erhielt der Beschäftigte Tankkarten. Mit diesen zahlte er aber auch den Sprit für seine privaten Autos und ließ auch über die Diensttankkarte eine Cabrio-Pflege an einem seiner Privatautos vornehmen. Der Arbeitgeber kündigte nach Bekanntwerden das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Der Arbeitnehmer zog dagegen vor Gericht und bekam zunächst recht. Das AG Lingen sah in der außerordentlichen Kündigung eine Verletzung des Ultima-Ratio-Prinzips. Es hätte zunächst eine Abmahnung ausgesprochen werden müssen. Es könne laut Gericht nicht festgestellt werden, dass sich der Kläger darüber im Klaren gewesen sei, dass er eine Pflichtverletzung begehe, die das Vermögen des Arbeitgebers schädige (Az.: 1 Ca 343/21). Das Landesarbeitsgericht sah das aber anders. Eine Abmahnung sei aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung entbehrlich gewesen. Der Arbeitnehmer habe in 38 Fällen die Tankkarten pflichtwidrig entgegen der eindeutigen Dienstwagenrichtlinie zum Betanken seiner Privatfahrzeuge genutzt. Wegen der Häufigkeit liege gerade kein Flüchtigkeitsfehler oder ein Versehen vor. Eine Wiederherstellung des für das Arbeitsverhältnis notwendigen Vertrauens könnte durch den Ausspruch einer Abmahnung nicht mehr erwartet werden. LAG Niedersachsen I Az.: 2 Sa 313/22 Dienstwagen: Wie Garagenkosten den geldwerten Vorteil mindern Als Voraussetzung für die Überlassung eines Dienstwagens kann der Arbeitgeber fordern, dass der Arbeitnehmer das Fahrzeug in einer Garage abstellt. Entstehen hierbei Stellplatzkosten, können diese laut Bundesfinanzhof den geldwerten Vorteil mindern. Das gilt auch für Abschreibungen einer privaten Garage. Darf man ein Firmenauto auch privat nutzen, greift die 1 %-Regelung. Hierbei wird pauschal monatlich 1 % des inländischen Bruttolistenpreises zum Erstzulassungszeitpunkt zzgl. der Kosten für Sonderausstattungen und Umsatzsteuer als geldwerter Vorteil erfasst. Diesen muss man in seiner Einkommensteuererklärung angeben. Notwendige Kosten, die der Arbeitnehmer übernehmen muss, um den Wagen zu nutzen, dürfen den geldwerten Vorteil mindern. Bei Kosten für einen Stellplatz gilt das aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Im zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitnehmer zwei Dienstfahrzeuge auch zur privaten Nutzung erhalten. Die Unterstellkosten in der privaten Garage setzte er steuerlich ab. Seitens des Arbeitgebers lag aber eine Verpflichtung zur Unterstellung nicht vor. Der BFH entschied, dass die Baukosten einer Privatgarage den geldwerten Vorteil aus der Nutzungsüberlassung eines Dienstwagens nicht mindern. In diesem Fall war das Unterstellen eine freiwillige Leistung des Arbeitnehmers. Im Umkehrschluss gilt: Die Abschreibung der Privatgarage können Arbeitnehmer steuerlich geltend machen, wenn arbeitsvertraglich eine geschützte Unterbringung des Fahrzeugs vorgeschrieben ist. Das sollte immer schriftlich festgehalten werden. BFH I Az.: VIII R 29/20 Kein Bußgeld bei Amtsfehler Zum gleichen Verkehrsdelikt kann ein zweiter inhaltlich abweichender Bußgeldbescheid erstellt werden. Der neue Bescheid ist aber nur gültig, wenn der erste aufgehoben wurde. In den Fall ging es um ein Verkehrsdelikt, zu dem zwei verschiedene, inhaltlich abweichende Bußgeldbescheide erlassen wurden. Im zweiten wurde eine andere Anschrift vermerkt und auch der Betrag war anders. Zudem gingen die Akten so spät beim Amtsgericht ein, dass Fragen zur Verfolgungsverjährung aufkamen. Diese beträgt i.d.R. drei Monate. Dafür wurde die Behörde vom Gericht kritisiert. Es machte klar, dass ein inhaltlich abweichender zweiter Bußgeldbescheid nur zulässig ist, wenn der erste aufgehoben wird. Ferner war die Verfolgungsverjährungsfrist von drei Monaten schon abgelaufen und konnte daher nicht mehr unterbrochen werden. So musste der Betroffene am Ende kein Bußgeld zahlen. AG Landstuhl I Az.: 2 OWi 4211 Js 8465/22 Wann gilt ein Auto als Neuwagen? Als Neuwagen wird ein fabrikneues Fahrzeug ohne Vorbesitzer bezeichnet. Doch was bedeutet „fabrikneu“? Laut Auto Club Europa (ACE) dürfen zwischen Herstellung und Kaufvertragsabschluss nicht mehr als zwölf Monate vergangen sein. Es darf auch in der Zwischenzeit keinen Modellwechsel durch den Hersteller gegeben haben. Und es dürfen keine standzeitbedingten Mängel bestehen. Diese Kriterien hatte der Bundesgerichtshof genannt. Die Frage, ob es noch ein Neuwagen ist, ist mit Blick auf die Laufzeit der Herstellergarantie und auch auf die gesetzliche Gewährleistung entscheidend. Die beträgt bei Neuwagen zwei Jahre. Auch ein Ausstellungsauto gilt nicht immer als Neuwagen. Schließlich könnte es von Interessenten angefasst und probegesessen worden sein. Einer Käuferin eines Oberklassefahrzeugs wurde in einem solchen Fall eine Kaufpreisminderung von 1.000 Euro zugesprochen (AG München, Az.: 271 C 8389/21). Generell gilt: Stellt sich im Nachhinein heraus, dass ein gekauftes Fahrzeug nicht fabrikneu war, können Käufer Gewährleistungsrechte (Preisminderung, Schadenersatz oder Rücktritt vom Vertrag) geltend machen. Auch Vorführwagen dürfen nicht als Neuwagen verkauft werden, da sie schon auf den Händler zugelassen und meist für Probefahrten genutzt wurden. Bis zu 10 km auf dem Tacho (verursacht durch Verladung und abschließende Checks) sind für Neuwagen normal. Ein Sonderfall sind Tageszulassungen. Dabei wird ein Auto für einen oder wenige Tage auf den Händler zugelassen und es hat weniger als zehn Kilometer auf dem Tacho. Trotz Vorbesitzer gilt ein solches Auto weiterhin als fabrikneu, wenn es mängelfrei ist und zwischen Zulassung und Verkauf maximal zwölf Monate liegen. Tageszulassungen können aber die Laufzeit der Neuwagengarantie verkürzen. Zudem müssen solche Kfzschon zwei Jahre nach Zulassung durch den Käufer zum ersten Mal zur HU. Bei Neuwagen sind es normalerweise drei Jahre. BGH I Az.: VIII ZR 227/02 ••• Interessante Urteile Online-Info www.anwalt.de Rechtsprechung
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